Flugplanung -

Wie berechnet man die Landestrecke eines Motorflugzeugs?

Um zu Wissen, ob du an einem bestimmten Flugplatz sicher landen kannst, solltest du im Rahmen der Flugplanung die Landestrecke berechnen.

Obwohl heutzutage Flugplanungssoftware diese Aufgabe automatisch übernehmen kann, hängt die Zuverlässigkeit dieser Tools von der Genauigkeit der eingegebenen Daten ab. Daher solltest du, die Berechnungen selbst nachvollziehen können, um die Richtigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Im folgenden Blogartikel werde ich dir die Berechnung der Landestrecke erklären.

Was ist die Landestrecke?

Zwei Begriffe müssen bei der Berechnung der Landestrecke unterschieden werden. Beide Begriffe beschreiben, wie viele Meter ein Flugzeug zum Landen benötigt.

Die Landerollstrecke ist die Strecke zwischen dem Aufsetzpunkt und dem vollständigen Stillstands des Flugzeugs.

Die Landestrecke ist die Strecke vom Endanflug in 50 ft (15 m) bis zum vollständigen Stillstands des Flugzeugs.

Für die Landeberechnung ist der Wert der Landestrecke der Entscheidende. Sollte die Piste kürzer sein, als die berechnete Landestrecke, sollte unter keinen Umständen auf dem Flugplatz gelandet werden.

Wie Landestrecke berechnen?

Hier sind die Schritte, um die Landestrecke für ein Motorflugzeug zu berechnen:

1. Grundstrecke aus Flughandbuch ermitteln

Es gibt keine Formel mit der die Landestrecke für jedes Flugzeug berechnet werden kann, da sich jedes Flugzeug anders verhält. Um die Landestrecke zu bestimmen, muss somit auf den Werten aus dem Flughandbuch zurückgegriffen werden. Dort kann die Grundstrecke für die Landung aus einem Landestreckendiagramm oder eine Landestreckentabelle abgelesen werden.

Landestreckentabelle einer Cessna 172 um Landestrecke berechen zu können

Beispiel einer Landestreckentabelle aus dem Flughandbuch einer Cessna 172 für eine Kurzlandung.

Die obige Landenstreckentabelle einer Cessna 172 gibt die Werte für eine Kurzlandung an. Diese Werte gelten aber nur bei den über der Tabelle angegebenen Bedingungen.

Falls andere Bedingungen vorliegen, ist es notwendig, manuell Zuschlage hinzuzurechnen, um eine genaue Berechnung der erforderlichen Landestrecke zu gewährleisten. Dazu im folgenden Abschnitt mehr.

2. Zuschläge für abweichende Bedingungen hinzurechnen

Die Angaben im Flughandbuch zur Landestrecke beziehen sich auf die Standardbedingungen (Druckhöhe 0 ft MSL, Temperatur 15°C). Falls andere Bedingungen vorliegen, was aus meiner Erfahrung fast immer zutrifft, dann bedeutet dies eine geringere Motorleistung und somit auch eine geringere aerodynamische Leistung. Das führt zu einer Verlängerung der Landestrecke.

Wenn nicht anders im Flughandbuch angegeben, können nachfolgende Zuschläge hinzugerechnet werden. Diese Werte stammen aus der Flugsicherheitsmitteilung (fsm) 3/75 die vom LBA veröffentlicht wurde. Dort wurden zwar ausschließlich Werte für die Berechnung der Startstrecke gegeben, allerdings kann man annehmen, dass die Landestrecke sich in einem ähnlichen Maß verschlechtert.

Faktor Bedingung Korrektur
Druckhöhe Bis 1000 ft +10% je 1000 ft Höhe
oder 1000 ft bis 3000 ft +13% je 1000 ft Höhe
oder Mehr als 3000 ft +18% je 1000 ft Höhe
Temperatur pro +1C Temperaturabweichung von ICAO Standardtemperatur der Druckhöhe +1%
oder pro -1C Temperaturabweichung von ICAO Standardtemperatur der Druckhöhe -1%
Neigung pro 1% Steigung +10%
oder pro 1% Gefälle -10%
Pistenbelag Grasbahn; kurzer Bewuchs
(bei Benutzung von Grasbahnen immer hinzuzurechnen)
+20%
ggf. zusätzlich: Feuchter Grasboden +10%
ggf. zusätzlich: Aufgeweichter Untergrund +50%
ggf. zusätzlich: Beschädigte Grasnarbe +10%
ggf. zusätzlich: Hoher Grasbewuchs +20%
Pistenzustand Stehendes Wasser, große Pfützen, Schneematsch bis 1 cm Tiefe +30%
oder Normalfeuchter Schnee bis 5 cm Tiefe +50%
oder Pulverschnee bis 8 cm Tiefe +25%

Beim Zuschlag für Pistenbelag ist insbesondere zu beachten, dass die zusätzlichen Prozentwerte hinzugerechnet werden. Beispielsweise bei einer Grasbahn, mit feuchten, aufgeweichten Boden, beschädigter Grasnarbe und hohem Grasbewuchs sind für diesen Punkt also insgesamt +110% aufzuschlagen.

3. Überprüfe die verfügbare Strecke der Piste

Nachdem du die erforderliche Landestrecke berechnet hast, solltest du anschließend überprüfen, ob die Länge der Landebahn am Flugplatz ausreichend ist. Hierfür kannst du in den Aerodrome Charts des Flughafens nachsehen. In Deutschland findest du diese Karten kostenlos online in der AIP der DFS.

Lande auf keinen Fall auf einer Piste, die kürzer ist, als die von dir berechnete benötigte Strecke. Ansonsten besteht das Risiko, dass das Luftfahrzeug nicht rechtzeitig anhält kann und du stattdessen über die Piste schießt.

Einfluss des Winds auf das Landen

Es empfiehlt sich immer gegen den Wind zu landen. Gegenwind reduziert die Landestrecke. Hingegen sorgt Rückenwind für eine stark verlängerte Landestrecke.

Eine Ausnahme ist bei Landungen im Gebirge. Aufgrund von topographischen Bedingungen kann es hier sein, dass eine Landung mit Rückenwind die einzige Möglichkeit ist. Die Landungen bei solchen Flugplätzen sollte aber gut überlegt sein.

Wann Landung abbrechen und durchstarten?

Wenn du im Vorfeld die Landestrecke korrekt berechnet hast, sollte es normalerweise nicht notwendig sein, die Landung wegen einer zu kurzen Piste abzubrechen. Allerdings können sich die Bedingungen nach der Berechnung ändern, wodurch ein Abbruch dennoch in Erwägung gezogen werden muss.

Es lässt sich nicht exakt festlegen, wann eine Landung abgebrochen werden sollte. Optimalerweise brichst du die Landung ab, solange noch genügend Strecke vorhanden ist, um trotz Landeklappen über Hindernisse am Ende der Piste zu steigen.

Entscheide dich daher lieber frühzeitig für ein Go-Around. Bei der Landung solltest du folgende Kriterien beachten:

  • Ist der Anflug stabil? Falls nein, durchstarten.
  • Ist der Aufsetzpunkt im „grünen Bereich“? Falls nein, durchstarten.

Die Mittelfeldmarkierung am Rand der Piste zeigt dir, wie viel Landestrecke dir noch bleibt.

Fazit

Die Berechnung der Landestrecke ist ein essenzieller Bestandteil der Flugplanung, um sicherzustellen, dass ein Flugzeug sicher auf einer Landebahn landen kann. Auch wenn moderne Flugplanungssoftware diese Aufgabe oft automatisiert, ist es von entscheidender Bedeutung, die Berechnungen selbst nachvollziehen zu können, um die Genauigkeit der Ergebnisse zu überprüfen. Es ist nicht nur wichtig, den Unterschied zwischen Landerollstrecke und Landestrecke zu verstehen, sondern auch, wie verschiedene Faktoren wie Wind, Pistenbelag und -zustand die benötigte Landestrecke beeinflussen können. Abschließend sollte jeder Pilot in der Lage sein, eine Landung rechtzeitig abzubrechen und durchzustarten, wenn die Bedingungen es erfordern.

Wenn du mehr über die Flugplanung erfahren möchtest, insbesondere wie man die Startstrecke berechnet, empfehle ich dir, meinen Artikel zur Berechnung der Startstrecke zu lesen.

Foto von Marvin

Über den Autor

Marvin ist Flugschüler mit einer Leidenschaft für die Luftfahrt. In seinem Blog teilt er wertvolle Informationen und Tipps für Neulinge als auch für erfahrene Piloten.